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JEREMIAS wecken mit „nie ankommen“ das Fernweh aus dem Corona-Schlaf

Bunte Farben. Sonne. Blauer Himmel. JEREMIAS wecken auf ihrer neuen Single nie ankommen die Sehnsucht, aus dem tristen, grauen Lockdown-Winter zu entkommen.

 

Schon Goethe wusste unser schönes Nachbarland zu schätzen, die vier Jungs von JEREMIAS begaben sich im Sommer letzten Jahres auf ihre eigene Italienreise. Das Ergebnis sind zwar keine Werke, mit dem Schüler noch hunderte Jahre später gequält werden, sondern das Musikvideo zu nie ankommen. Letzteres darf sich aber genauso sehen und hören lassen und macht dabei sogar Spaß.

 

Jeremias
Foto: Lucio Vignolo

Seit ihrem EP-Release im Juni letztes Jahr haben JEREMIAS die beiden Singles hdl und mio veröffentlicht und Pandemie-konforme Shows gespielt, wovon eine gemeinsam mit dem WDR-Funkhausorchester live auf YouTube zu sehen war. Wem hdl und mio gefallen, wird auch nie ankommen mögen.

Die ersten Sekunden des Songs machen klar: ein typischer JEREMIAS-Song. Sie bleiben ihrem funkigen Disco-Sound treu, den beherrschen sie schließlich meisterhaft. Dazu dann noch poetische Texte und fertig ist das Stück. Ganz so einfach war der Entstehungsprozess zwar vermutlich nicht, die Leichtigkeit ist nie ankommen dennoch nicht abzustreiten. Der Körper wird beim Hören des Songs davon ergriffen und muss sich zum Beat bewegen.

 

ich will weg von hier, will nie mehr stehen

 

Im Lockdown können viele Menschen das Fernweh, das beschrieben wird, nur zu gut nachvollziehen. In einer Zeit, in der das gesamte Leben sich innerhalb weniger Zimmer abspielt, möchte man wieder etwas erleben und aus dem tristen Alltag, umgeben von denselben Wänden und Menschen, fliehen. Das Musikvideo, in dem die Jungs zwischen Meer und Alpen unterwegs sind, verstärkt das Fernweh umso mehr. Die Angst, etwas zu verpassen, ist ebenfalls Thema; ein Indiz dafür, dass nie ankommen noch vor dem Lockdown im März entstanden ist. Momentan bleibt uns wenigstens diese „fear of missing out“ erspart. Schließlich gibt es außer Livestream-Konzerten nichts, das man verpassen könnte.


und wenn wir ankommen, dann seh' ich das nicht ein


Beim Titel des Songs kam mir direkt das Sprichwort „Der Weg ist das Ziel“ in den Kopf. Wenn man genauer darüber nachdenkt, ist dessen Aussage, dass man am Ziel nicht das erhoffte Glück findet. Der Comedian Luke Mockridge hat dieses Phänomen im Podcast Hotel Matze so beschrieben: Man läuft unendlich viele Treppen hoch und oben ist eine Tür, in der der heilige Gral sein soll. Dann erreicht man nach langem Weg diese Tür, reißt sie auf - und da ist gar nichts. So haben Jeremias eine gute Weise gefunden, diese Enttäuschung zu umgehen, in dem sie nie an ihrem Ziel ankommen wollen. Anstatt mit der Zufriedenheit auf das Ziel zu warten, entscheiden sie sich dafür, im Hier und Jetzt zu leben und im Moment anzukommen.

 

nie ankommen ist ein Gute Laune-Song, zu dem man an schlechten Tagen durch die Wohnung grooven kann, und direkt die Sonne im Herzen spürt. Die dritte Single macht Hoffnung, auf alles weitere, was noch im „to be released“-Regal von JEREMIAS wartet.

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