Leoniden überbrücken Genregrenzen auf „Complex Happenings Reduced To A Simple Design“
Langeweile kennt man von den Leoniden nicht - weder bei Konzerten, noch in ihren Songs. Jetzt ist das neue Album „Complex Happenings Reduced To A Simple Design“ erschienen und überbrückt Genregrenzen.
Foto: Joseph Strauch
Das dritte Album der fünf Kieler Jungs hat den ersten Platz der deutschen Album-Charts erklommen. Das überrascht aus mehreren Gründen: Erstens, verstehen die Leoniden sich als Indie-Band und zweitens, kommt das Album nicht wie die typischen, für die breite Masse geschaffenen Kommerz-Alben à la Mark Forster und co. um die Ecke.
Denn leicht zu konsumieren ist es auf keinen Fall. Da wäre zuallererst der sperrige Titel, der zu Beginn noch länger als der jetzige war. Complex Happenings Reduced To A Simple Design Which Enables The Individual To Make Its Own Bad Decisions. Im Zusammenhang mit dem Albumcover wirkt der kürzere Albumtitel allerdings nachhaltiger. Die simpel gezeichnete, brennende Erde weist auf die komplexen Krisen hin, in der sie und alle auf ihr Lebenden sich befinden- ob es die Klimakrise oder ertrinkende Menschen im Mittelmeer sind, im Albumcover stecken die Katastrophen alle irgendwie drin.
Die Thematik greifen mehrere Tracks der Platte auf. Funeral erzählt die Geschichte von zwei Personen, die sich während des Weltuntergangs verlieben und steht als Sinnbild dafür, dass bei einem genaueren Blick zwischen all dem globalen Leid auch individuelles Glück zu finden ist.
Der insgesamt wohl politischste Song der Leoniden ist New 68. Maßgeblicher Auslöser dafür war ihr Auftritt bei einer Fridays for Future Demonstration in Hamburg 2019. Die Energie der Bewegung hat die Band so sehr geprägt, dass sich dieser Tag zum Impuls für New 68 entwickelte. Der Titel des Songs verweist bewusst auf die 68er-Bewegung, damals kämpften schließlich auch junge Leute auf der Straße gemeinsam für ein Ziel.
Dass auch Boring Ideas ein politisches Lied ist, versteckt sich zunächst hinter seinem fetten Garage-Sound, der vor allem zu Beginn stark an die befreundete Band Pabst erinnert, die später in Freaks Featuregast sein dürfen. Tatsächlich unterstützt hier aber Drangsal Jakob dabei, über vermeintlich woke Menschen zu lästern. Solche, die ihre Meinungen und Positionen wie Fähnchen im Wind ändern, um möglichst allen damit zu gefallen.
Some treat opinions more like sneakers or jackets
As if they‘re seasonal, fucking seasonal
Es bleibt nicht nur bei den Features mit Pabst und Drangsal.Ilgen-Nur steuert ihre Vocals zu Deny bei und zieht den Track in dunkle Tiefen. Die Entscheidung, auf dieser Platte mit anderen Künstler*innen zusammenzuarbeiten, war zeitlich bedingt. Die vorigen Alben der Band sind beide im Tourstress zwischen den zahlreichen Konzerten entstanden. Für Complex Happenings Reduced To A Simple Design haben die Leoniden eine dreimonatige Tourpause eingelegt, die die Pandemie noch deutlich verlängert hat. Das Album hat davon profitiert, sodass es zum Doppel-Album wurde. Es war genug Zeit für Kollaborationen und wilde Experimente. Diese Freiheit haben Jakob, Lennart, Djamin, Felix und JP komplett ausgenutzt, so finden die verschiedensten Genres ihren Platz auf der Platte. Beginnend mit dem an Jakobs weiteres Projekt Zinnschauer erinnernden Intro, über bubbly Indie in Dice und so manche Pop-Momente, bis hin zum Hardcore in Broken Pieces und düsterem Grunge in Disappointing Life, zehren sie von diversen Inspirationsquellen.
Der ruhigste Augenblick des Albums ist Blue Hour, in dem Jakob seine Panikattacken und Depressionen zum ersten Mal öffentlich macht und verarbeitet. Doch trotz der Schwere der Thematik, kann man selbst hier nicht seine Füße still halten, sobald die Band nach der treibenden Klaviermelodie einsetzt.
Die Kreativität war allerdings bei 16 Songs noch nicht ausgeschöpft und so werden diese immer wieder von fünf verschiedenen Interludes unterbrochen - oder eher verbunden? Auch hier hat sich die Band keine Grenzen gesetzt - Techno, Video-Spiel-Vibes und How To „Rage Against The Machine“ in 60 seconds, das Follower*innen der Band bekannt kommen müsste, lockern die musikalische Dichte des Albums auf.
Zum ersten Instrumental Complex Happenings Pt. 1 konnten Besucher*innen der Corona-konformen Leoniden Shows schon ausrasten - was den Bogen zur auffälligsten Weiterentwicklung zu den vorherigen Alben schlägt: Gemeinsam mit den neuen Produzenten Markus Ganter und Magnus Wichmann wurde die besondere Live-Atmosphäre deutlich besser eingefangen. Es zischt, ballert und knallt fast so, als stünde man direkt vor der Bühne. Genau deshalb macht das Album so viel Spaß zu hören! Auch wenn man sich darauf aufgrund der musikalischen Fülle vielleicht erstmal einlassen muss; es ist der perfekte Soundtrack zum Weltschmerz aus der Seele schreien.
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