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Marteria erreicht auf seinem neuen Album die "5. Dimension"

Marteria hat einen dicken Fisch am Angelhaken: Sein neues Album. Keine Rückbesinnung an ruhige Stunden auf dem Fischerboot, sondern eine Ode an durchzechte Nächte.

 

Foto:  William Minke

Leben auf der Kippe

Wie war das? Ist Marteria aka Marten Laciny auf einmal wieder in Partystimmung? Nach einem Nierenversagen 2015 hat er damals beschlossen, keinen Alkohol und keine Drogen mehr zu konsumieren. Bei einem Benefizspiel für seinen Herzensverein Hansa Rostock hat der Musiker, nachdem er 90 Minuten durchgespielt hat, so viel Bier getrunken, dass sein Leben auf der Kippe stand. Das wertete er als Warnschuss seines Körpers und blieb vier Jahre lang nüchtern.

 

Angeln als Ausgleich

Marteria zog aus Berlin zurück an die Ostseeküste und entdeckte wieder seine Liebe zum Angeln. Als Rostocker Junge findet der Sohn eines Seemanns und Enkel eines Fischers am Wasser innere Ruhe. Ohne die Nächte im Rausch ödete den 38-jährigen sein neues Leben allerdings doch irgendwann an und so wurde seine andere Leidenschaft zum Thema der 5. Dimension: Das Nachtleben.

 

In der Nacht liegt die Kraft

Für Marteria ist das Feiern mehr als nur Spaß und Eskapismus. Es gehe darum, seine eigene Wahrheit zu suchen und zu erschaffen. Ein Glück, dass die Clubs jetzt wieder geöffnet sind, sonst würde vor allem Songs wie "Paradise Delay" oder dem ÄTNA-Yasha-Feature "Love, Peace & Happiness" die geeignete Bühne fehlen. Er besingt den Exzess, ist drei Tage wach und immer der Letzte im Club. Weniger Rap-, mehr wummernde Clubbeats. Dafür sind vor allem die Produzenten des Albums DJ Koze, Siriusmo und seine langjährigen Weggefährten The Krauts verantwortlich.

 


Platz für Selbstreflexion

Den ursprünglichen Plan, auf 5. Dimension ausschließlich die Partymaus raushängen zu lassen, hat er nicht bis zum Ende hin verfolgt. Zwar scheint auch in den Partysongs der melancholische Marten durch, aber diese Einseitigkeit war ihm dennoch zu oberflächlich. Im Endergebnis haben nun auch einige persönliche Momente der Selbstreflexion ihren Platz gefunden. So setzt er sich in "DMT" mit der Schnelligkeit des Lebens auseinander und hält für einen Augenblick inne und in "Strandkind" suhlt er sich in Lokalpatriotismus.

 

"Neonwest"

In der Fokussingle des Albums "Neonwest" verarbeitet Marteria, wie er als kleiner Junge den Mauerfall erlebt hat. Gemeinsam mit seiner Familie tritt er über die Oberbaumbrücke in eine neue Welt – von Ost- nach Westberlin. Eine Welt voller Hoffnung, Fragen und Wunden, die sich in diesem Moment für ihn öffnet.



Partyalbum während der Pandemie?

Bindeglied zwischen den verschiedenen Tracks - Tiefsinn und high sein - bleibt der Sound. Aber warum schreibt man, während die ganze Welt im Stillstand steht, alle Clubs geschlossen sind, so ein Album? Naja, Marteria hat seinen Lockdown etwas anders verbracht als die meisten Leute. Der planschte Anfang Januar 2020 vergnügt im Pool und kündigte mit einem kurzen Video seine wohlverdiente Auszeit an.

 

Das lief dann bekannterweise doch nicht wie geplant. Der Rostocker war zu Beginn des Jahres in Caracas unterwegs, schaffte es vor dem finalen Lockdown nur ganz knapp noch auf Barbados und wurde so zu viereinhalb Monaten Zwangsurlaub verdonnert. Nicht unbedingt die ganz große Weltreise, aber eine Chance zum Abschalten, viel Zeit zum Ausruhen - und Musik machen.

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