NEEVE teilen auf ihrem Debütalbum ihr persönliches chaos of my mind mit der Welt - und exportieren feinsten Indiepop.
Foto: Pauline Bonnke |
Im Gepäck das Album
Die Band wurde 2018 von den Cousins Felix, Axel, Marius und Philipp gegründet
und ist momentan auf erster eigener Tour durch Deutschland, bevor es die Stuttgarter im Winter nach Großbritannien verschlägt.
Nach
eigenen Aussagen sei es besonders schwer gewesen als deutsche Band mit
englischen Texten in der Musikindustrie Fuß zu fassen. Doch mit ihrem Debütalbum chaos of my mind ist
ihnen das gelungen: ein Indiepop-Album, das nachdenklich und traurig, aber tanzbar ist.
Keine Scheu vor Tabus
Das Album deckt mit seinen zwölf Tracks ein breites Spektrum an Themen ab. Ob es
nun die Verarbeitung der ADHS-Diagnose des Frontsängers Felix ist, toxische Männlichkeit oder Depressionen - NEEVE sprechen Tabuthemen an, die
einem schwer im Magen liegen. Doch durch die teilweise negativen Lyrics schimmern mit den beschwingten Sounds auch hoffnungsvolle Töne durch. Mit ehrlichen, melancholischen, sowie offenen Texten brechen die Jungs Tabus.
Familienname: NEEVE
Das
familiäre Gefühl zeigt sich nicht nur durch die Verwandtschaft der zwei Brüderpaare, sondern ebenso durch den Bandnamen NEEVE, welcher ein
fiktiver Familienname für die Gruppe sein soll. Im Song "this
got me staying" geht es um die Beziehung der Brüder Felix (Gesang,
Drums) und Axel (Gitarre, Piano, Produktion). In Geschwisterbeziehungen
liegen Liebe und Hass bekanntlich nah beieinander und nicht selten gibt es
Streit, insbesondere wenn die Personen sich sehr ähnlich sind.
There's no way we can argue, but I can't say, "Go and f- you" / You'll love me again, I'll be your friend / Oh, damn, don't call it the end
Toxische Männlichkeit
Als Mann seine Gefühle zu offenbaren fällt in unserer patriarchalen Gesellschaft oft nicht leicht. Dieses Thema findet sich auch im
älteren Song "Bye Bye" wieder, in "you&me" wiederum befassen sich NEEVE mit mentalen Problemen. Der Track handelt
davon, sich jemandem zu öffnen, über seine psychischen Krankheiten zu sprechen und
sich Hilfe zu suchen – was oft viel Überwindung kostet.
In the chaos of the times I need / Someone to believe in me / And I'm struggling to find comfort here / But I'd never even fight my tears
Der
Chorus in "you&me" soll das Hoch nach einer Down-Phase
repräsentieren, so schreibt Sänger Felix zu dem Song. Sein persönlicher Safe Space sei die
Bühne, wo er einfach er selbst sein und sich so akzeptieren kann. Doch es gehört auch Mut dazu, sich so nackt zu machen und seine Gefühle
ungefiltert herauszulassen. Im Song geht es darum, dass Heilung keine konstante Gerade ist, sondern ein
Prozess und ermutigt, nicht zu hart mit sich selbst zu sein. "I'm still not
there and it's totally okay if you're not either. But we shouldn't be too hard
on ourselves we'll get there!" sagt Felix. Diese Aussage ist gleichzeitig der Kern des Songs "I
wanna be found", den er in einer depressiven Phase geschrieben hat.
Herzschmerz-Verarbeitung
Neben
diesen schwereren Themen kommt aber natürlich auch der altbekannte Liebeskummer
nicht zu kurz – wie in "call me", in dem es um die Sehnsucht nach einer
bestimmten Person geht. Das lyrische Ich schwelgt in Erinnerungen an die langen Bar-Nächte und die vergangene Zeit mit der Person. Sie sei örtlich ganz nah, aber
gedanklich weit weg.
But you can call me up for now / When it's 7:30pm I'm pacing around / Don't you care that I've come here / You're so close but still not nearby
Insgesamt ist chaos of my mind ein Album, das weder zu gewollt, noch ernst wirkt – sondern ganz ehrliche Lyrics
mit gitarrenlastigem Sound verbindet und auf die Tanzfläche einlädt. Die Songs sind
eine Achterbahnfahrt der Gefühle – von traurig zu euphorisiert. Produziert
wurde das Album ganz à la DIY von NEEVE selbst im Studio bei Oma
im Keller. Mal sehen wie lange das noch ausreicht.
Von: Annika Bahlmann
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